Wiesbaden – Jugendbefragung: Wie leben Jugendliche in Wiesbaden? Wie verbringen sie ihre Freizeit und was ist ihnen dabei wichtig? Wie nehmen sie die Stadt wahr, womit sind sie unzufrieden und welche Verbesserungsvorschläge haben sie? Engagieren sie sich für etwas und haben sie das Gefühl, sich vor Ort einbringen und ihre Interessen vertreten zu können? Antworten auf diese und weitere Fragen sind nun auf fundierter Datengrundlage möglich. In einer breit angelegten, standardisierten Umfrage sind hierzu im Frühjahr 2017 gut 1.000 Jugendliche ab 14 Jahren an ausgewählten Wiesbadener Schulen befragt worden. Eine umfangreiche Ergebnisdokumentation liegt nun vor, ausgearbeitet vom Amt für Soziale Arbeit und vom Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik der Landeshauptstadt Wiesbaden. Diese soll nun im November Jugendlichen, Fachkräften und Politik vorgestellt werden und bildet den Auftakt für einen Beteiligungsprozess, in dem mit Jugendlichen und Fachkräften im Bereich Jugendarbeit mit Unterstützung von Prozessbegleiter/-innen und Fachplanung ein Handlungsprogramm für Wiesbaden entwickelt werden soll.
Wie sehen Jugendliche also Wiesbaden und wie wohl fühlen sie sich vor Ort? Das Urteil fällt sehr gemischt aus. Mit den Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung in Wiesbaden insgesamt sind mit 34 Prozent weniger als die Hälfte der Befragten Jugendlichen zufrieden (darunter nur 5 Prozent „sehr zufrieden“). 17 Prozent sind damit unzufrieden. Die größte Gruppe (42 Prozent) beantworten diese Frage mit „teils/teils“. Am höchsten ist die Unzufriedenheit (bei eine Auswahl von 19 Angeboten und Möglichkeiten) mit der öffentlichen Sicherheit abends/nachts (36 Prozent „unzufrieden“), der Situation für Fahrradfahren (37 Prozent), den Kosten für Freizeitgestaltung in Wiesbaden (31 Prozent), Festen, Partys und Events für Jugendliche (27 Prozent) sowie dem Angebot an Konzerten und Musikveranstaltungen – jede/r vierte befragte Jugendliche aus Wiesbaden ist damit unzufrieden. Mit dem öffentlichen Nahverkehr sind ebenfalls mehr als ein Viertel der Jugendlichen unzufrieden (27 Prozent), gleichzeitig ist hier jedoch ein höherer Anteil Zufriedener zu verzeichnen (38 Prozent). Insgesamt fällt die Zufriedenheit der Wiesbadener Jugendlichen damit deutlich schwächer aus als innerhalb der erwachsenen Bevölkerung, die mehrheitlich zufrieden mit dem ÖPNV ist. Gleichzeitig legen die jungen Wiesbadenerinnen und Wiesbadener über die Hälfte ihrer Alltagswege – und damit deutlich mehr im Vergleich zu Erwachsenen – mit Bussen und Bahnen zurück. Lediglich drei Prozent der Jugendlichen legen ihre alltäglichen Wege primär mit dem Rad zurück (erwachsene Bevölkerung: acht Prozent).
Die Jugendlichen hatten in der Befragung die Möglichkeit, ihre Lieblingsorte in Wiesbaden zu benennen, aber auch Orte in Wiesbaden, die sie als problematisch wahrnehmen. Ein weiteres Thema waren Verbesserungsvorschläge der Jugendlichen für ein aus ihrer Sicht lebenswertes Wiesbaden. Vermisst werden von den Jugendlichen vor allem Möglichkeiten zum Ausgehen abends, aber auch Treffpunkte und Freizeitmöglichkeiten am Tag, die den Bedürfnissen der Jugendlichen entsprechen. Wichtige Themen sind hier neben der Möglichkeit, Gleichaltrige und Jugendliche mit ähnlichen Interessen zu treffen, auch der „Erlebnischarakter“, also eine Gestaltung der Angebote, die Jugendliche anspricht, sowie ein unkomplizierter Zugang, der ohne oder mit geringen Kosten möglich ist, und eine gute verkehrliche Anbindung.
„Geht auf die Jugendlichen zu!“ – so formuliert es eine Befragte – und spitzt damit den von einigen geäußerten Wunsch zu, die Interessen und Bedürfnisse von Jugendlichen in Wiesbaden stärker zu berücksichtigen. Nur 22 Prozent der Jugendlichen sind der Ansicht, es gäbe in Wiesbaden genügend Möglichkeiten, ihre Interessen und Ansichten einzubringen und etwas zu bewegen. 31 Prozent der Jugendlichen beantworten diese Frage mit „nein“, weitere 31 Prozent können dies „nicht beurteilen/interessiert mich nicht“ und 17 Prozent machen keine Angaben. Die in Wiesbaden vorhandenen Möglichkeiten für Jugendliche, sich zu beteiligen – wie Jugendparlament, StadtschülerInnenrat, Jugendzentren, Jugendverbände und weitere -sind den befragten Jugendlichen nur zum Teil bekannt. Zwischen Kenntnis/Bekanntheit und tatsächlicher Nutzung bestehen zudem erhebliche Diskrepanzen.
Die Ergebnisse der Befragung machen deutlich, wie vielfältig die Lebenslagen und Sichtweisen „der Jugendlichen“ in Wiesbaden sind. Die Muster der Freizeitgestaltung, Vorlieben und Problemwahrnehmungen unterscheiden sich stark nach Geschlecht, besuchter Schule und sozialem Hintergrund beziehungsweise ökonomischen Familienverhältnissen. So wohnen etwa von Jugendlichen, die ein Gymnasium besuchen, 41 Prozent mit der Familie im eigenen Haus, weitere 17 Prozent in einer Eigentumswohnung, während dies nur auf 15 Prozent (Haus) beziehungsweise elf Prozent (Eigentumswohnung) der Schülerinnen und Schüler an Integrierten Gesamtschulen zutrifft. 87 Prozent der Gymnasiasten geben an, ein eigenes Zimmer zu haben, aber nur 57 Prozent der Schülerinnen und Schüler an Integrierten Gesamtschulen. In den Sommerferien zu verreisen ist für viele Wiesbadener Jugendliche keine Selbstverständlichkeit. Fast ein Fünftel (18 Prozent) der Befragten sind nach eigener Auskunft im letzten Sommer nicht in Urlaub gefahren. Bei Jugendlichen, die die familiäre Finanzsituation als schlecht einstufen, waren es sogar fast jede/r Dritte (32 Prozent). Dies schlägt sich auch in einer größeren Unzufriedenheit nieder, was die Möglichkeiten der Feriengestaltung in Wiesbaden betrifft. Aber auch mit vielen anderen Punkten in der Befragung sind „finanzschwächere“ Jugendliche deutlich seltener zufrieden im Vergleich zu „gutsituierten“, etwa mit den Treffmöglichkeiten, Angeboten von Vereinen, kulturellen Veranstaltungen, Festen und Partys, Kosten für die Freizeitgestaltung, öffentlichem Nahverkehr, Sicherheit, Schulen und Ausbildungsplätzen.
Deutlich wird zudem, dass die Interessen und Bedürfnisse im Laufe des Heranwachsens raschen Wandlungen unterliegen, selbst innerhalb der hier recht eng umgrenzten Altersgruppe von 14 bis knapp unter 20 Jahren. Viele Angebote und Bereiche werden in der Befragung von den 14- bis 15-Jährigen noch weniger kritisch bewertet als von den älteren Jugendlichen.
Diese und viele weitere spannende Ergebnisse lassen sich in dem nun erschienenen Bericht „Jugend in Wiesbaden – Ergebnisse der Jugendbefragung 2017“ nachlesen. Die Wiesbadener Stadtanalyse „Jugend in Wiesbaden – Ergebnisse der Jugendbefragung 2017“ kann unter www.wiesbaden.de/statistik kostenfrei heruntergeladen werden.
Zur Vorstellung der Ergebnisse lädt der Wiesbadener Sozialdezernent Christoph Manjura gemeinsam mit Oberbürgermeister Sven Gerich am Dienstag, 21. November, Jugendliche, Fachkräfte, Politikerinnen und Politiker ein. Die Veranstaltung im Stadtteilzentrum Schelmengraben ist der Auftakt für einen breiten Beteiligungsprozess zur Jugend in Wiesbaden. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Jugendbefragung 2017 sollen konkrete Handlungsvorschläge gemacht werden. In acht Workshops werden wesentliche Themen, die sich aus der Jugendbefragung ergeben, von Jugendlichen, Fachkräften und Politik bearbeitet. Ziel ist, Maßnahmen und Lösungsideen für aufgeworfene Fragen zu entwickeln. Dies soll die Grundlage für ein Rahmenkonzept für Jugendliche in Wiesbaden bilden.
Insgesamt leben in Wiesbaden etwa 13.700 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren. Sie stellen damit knapp fünf Prozent der Wiesbadener Bevölkerung. Dazu kommen täglich viele Jugendliche aus dem Umkreis in die Landeshauptstadt, sei es zum Schulbesuch, zur Ausbildung, um hier zu arbeiten oder ihre Freizeit zu verbringen.
Für Rückfragen zum Ergebnisbericht steht das Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Telefon (0611) 315691, E-Mail: amt-fuer-strategische-steuerung-stadtforschung-und-statistik@wiesbaden.de zur Verfügung.
Fragen zur Veranstaltung/Ergebnisvorstellung sowie zum weiteren Beteiligungsprozess beantwortet das Amt für Soziale Arbeit, Telefon (0611) 313797, E-Mail: sozialplanung@wiesbaden.de.
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