Presseschau – Mainz (RLP) – Ist es so weit: „Die Fahne hoch//die Reihen fest geschlossen//SA marschiert//mit ruhigem festem Schritt“? Brandanschläge in Tröglitz, Sachsen-Anhalt, 70 Jahre nach dem Ende des zwar von Adolf Hitler befohlenen, aber von vielen willfährigen Partei- und Volksgenossen exekutierten Holocausts. Man traut Augen und Ohren nicht.
Fühlt sich braunes Gesindel immer sicherer, weil staatliche Stellen gewalttätigen Rechtsextremismus doch eklatant unterschätzen? Dieser Eindruck ist derzeit erschreckenderweise nicht zu widerlegen. Dabei wurde hoch und heilig Besserung gelobt, nachdem die Aufarbeitung der NSU-Morde desaströse Zustände vor allem im thüringischen Verfassungsschutz zutage gefördert hatte. Und nun? Wohl wahr, von Neonazis ermordete oder attackierte Ausländer sind kein rein ostdeutsches Menetekel, neben Rostock-Lichtenhagen 1992 und Hoyerswerda 1991 gab es Mölln 1992 und Solingen 1993.
Gleichwohl ist kaum zu bestreiten, dass sich das Rechtsextremismus-Problem in den neuen Bundesländern gewaltiger niederschlägt. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte und nachgerade fatal, wenn sich ausgerechnet in dem Teil Deutschlands, in dem tapfere Menschen 1989 den Stasi-Terror besiegten, keine Mittel gegen Rechtsterror finden ließen. Und es wäre beschämend, von den Bürgern stets und ständig Zivilcourage zu fordern, ohne ihnen den nötigen Rückhalt von Sicherheitsbehörden und Politik zu verschaffen.
Zu Letzterem gehört, das NPD-Verbotsverfahren nun gerade voranzutreiben. Dass die Partei planvoll und gewalttätig die freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen will, steht außer Frage – nicht erst seit Tröglitz, aber erst recht seit Tröglitz.
OTS: Allgemeine Zeitung Mainz