Hessen / Wiesbaden – Lehrkräftemangel: Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Christoph Degen, hat heute in Wiesbaden einen Dringlichen Berichtsantrag seiner Fraktion zum Lehrermangel an hessischen Schulen vorgestellt. „Wir wollen wissen, wie Realität und Sonntagsreden, die noch zu Beginn des Schuljahres von Verantwortlichen der Landesregierung verkündet wurden, zusammenpassen. Uns interessiert vor allem die Zahl der unbesetzten Stellen in den verschiedenen Schulformen, die Verteilung dieser Stellen auf die Regionen, nach der Anzahl der Lehramtsbewerberinnen und -bewerber, nach den Bedarfsprognosen, den Mangelfächern sowie den Maßnahmen der Landesregierung zur Gewinnung neuer Lehrkräfte“, sagte Degen am Mittwoch in Wiesbaden.
Der Lehrermangel komme nicht überraschend, sondern habe sich seit langem abgezeichnet. Die Lehrerausbildung sei auf Sparflamme heruntergefahren worden, statt vorausschauend und am Bedarf orientiert zu planen. „Kinder stehen nicht ohne Ankündigung vor der Tür einer Schule. In der Regel ist das sechs Jahre vorher bekannt. Pensionierungen brechen nicht über Nacht herein, sondern haben Vorlaufzeiten. Auch der Mangel an Förderschullehrkräften, die Hessen zur Umsetzung der Inklusion dringend benötigt, ist seit Jahren bekannt, aber zu wenig beachtet worden. Hinzu kommt die Tatsache, dass in bestimmten Fächern in anderen Schulformen Lehrkräfte fehlen, insbesondere an den Beruflichen Schulen, die sich mehr schlecht als recht mit Quereinsteigern behelfen. Jetzt die Flüchtlingsbeschulung dafür verantwortlich zu machen, ist eine ganz feige Ausrede für eklatante Versäumnisse und ein bildungspolitischer Offenbarungseid“, so der SPD-Abgeordnete.
Degen betonte, dass alle Initiativen der SPD zum Ausbau der Aus- und Weiterbildungskapazitäten (Drucksache 19/3313) durch die schwarz-grüne Koalition abgelehnt und alle Hinweise auf die vielen Überlastungsanzeigen, besonders aus Grundschulen (Drucksachen 19/714; 19/2187, 19/3432), in den Wind geschlagen worden seien. Die Landesregierung wisse durch eine Vielzahl von Protestschreiben, dass viele Lehrkräfte in Hessen seit langem unter der stetig steigenden Arbeitsbelastung ächzen und sich an den Schulen einiges grundlegend ändern müsse. Der Lehrerberuf sei nicht mehr attraktiv, das Studium zum Teil mit Zulassungsbeschränkungen belegt. Der aktuelle ‚Brandbrief‘ von 59 Schulleiterinnen und Schulleitern und 19 Konrektoren aus Frankfurt an Kultusminister Lorz spreche Bände: zu wenig Lehrkräfte, zu große Klassen und zu geringes Gehalt.
„Die Landesregierung hat mit ihrer Politik des Ignorierens und Abwartens eine klare Lehrkräfteabschreckungsstrategie gefahren und zudem die Motivation junger Menschen, den Lehrerberuf zu ergreifen, durch ihre gutsherrenartige Beamtenpolitik noch weiter mit Füßen getreten. Das rächt sich jetzt zweifach: Zu wenige wollen Lehrkräfte werden und auf den ‚Bettelbrief‘ des Kultusministers wird wohl kaum jemand reagieren. Auch hier wurden unsere Initiativen zur Anpassung an Tarifergebnisse, gegen die Streichung der Differenzierungsstunden und für eine bessere allgemeine Ausstattung, insbesondere für die Grundschulen, abgelehnt.“ (Drucksache 19/3411)“, so Degen.
Die SPD-Fraktion habe die Belastungssituation der Lehrkräfte ein weiteres Mal aufgegriffen und erst vor einer Woche eine Große Anfrage dazu in den Landtag eingebracht (Drucksache 19/4415). Um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, müssten Aus- und Weiterbildung gestärkt, gute Arbeitsbedingungen geschaffen, das Lehramtsstudium attraktiver gestaltet und Hierarchien abgebaut werden. Alle Lehrämter müssten gleich bezahlt und Aufstiegsmöglichkeiten geschaffen werden. Die Landesregierung müsse die Verantwortung für ihr Versagen übernehmen statt mit dem Finger auf andere zu zeigen. Dies wäre nach Ansicht des SPD-Bildungsexperten zumindest ein Anfang, um die schwelenden Problemen anzugehen.
Kultusminister Lorz solle zudem in der nächsten Woche im Kulturpolitischen Ausschuss des Hessischen Landtags zum Lehrermangel an hessischen Schulen, den nun endlich auch die schwarz-grüne Landesregierung eingestanden hat, Stellung beziehen.
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Text: Valeska Fuhr
Mitarbeiterin Pressestelle
SPD-Fraktion im Hessischen Landtag
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